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Im Test: Johannus Symphonica 450

Die neue Johannus Symphonica 450 im Expertentest von Hans-Dieter Karras von OKEY!

Johannus schafft es immer wieder, seinen Instrumenten ein absolut tolles Facelifting zu verpassen und eine bewährte Serie zu aktualisieren. So hat man nun auch die wunderbare Symphonica 45 optisch, aber auch technisch überarbeitet. Die Konsole der nunmehr als 450 bezeichneten Orgel wirkt weniger ausladend und damit mehr wohnzimmertauglich. Das Notenpult wiederum ist größer geworden und hat keine Verzierung mehr. Noch mehr als außen hat sich bei den inneren Werten getan. Wir sind gespannt! 

Schon die Symphonica 45 war eine beeindruckende Erscheinung. Bei der neuen Version wurden dezente Änderungen vorgenommen, die das wirklich gelungene Design dezent aber auch gelungen optimieren. Die in der Einleitung angedeuteten Änderungen an der Konsole lassen sich in einem Vergleich mit der Vorgängerin auch benennen: Diese war mit Notenpult 147 cm hoch, die neue ist jetzt 142 cm hoch. Die Breite der 45 betrug mit Pedal 180 cm, die neue ist 177 cm breit, nur die Tiefe ist mit 104 cm (45) zu 105 cm (450) etwa gleich geblieben. Aber die wenigen Zentimeter-Änderung und die leichte Abwandlung der Form geben der schicken Terrassen-Konsole der 450 etwas mehr Leichtigkeit. Auch hat sich die Gestaltung der Sitzbank geändert, diese ist nicht mehr offen mit den vier Beinen und dem Noteneinschub, sondern hat jetzt statt der Beine zwei Seitenteile auf das der Lautsprecherstoff ähnlich der Konsole aufgebracht ist und so von der Seite ein ähnliches Erscheinungsbild bietet.

Das Notenfach ist jetzt unter dem aufklappbaren Sitz in der Bank untergebracht. Und das Notenpult ist breiter und ganz schlicht gehalten, ohne die früheren Verzierungen. Am Spieltisch selbst sind die beleuchteten Kippregister über dem dritten Manual verschwunden, was mir persönlich sehr gefällt. Es bleiben nur das Display in der Mitte und seitlich davon über dem dritten Manual unter dem Notenpult die Ambience Piezo-Lautsprecheröffnungen, das wirkt sehr aufgeräumt und klar strukturiert. Die Kippregister wurden durch Daumenpistons unter dem dritten Manual ersetzt. Das ist sehr funktional und gut gelöst, hier sind sie treffsicher und schnell erreichbar. Alle Daumenpistons sind jetzt wie bei englischen Orgeln unter den Manualen angebracht und ermöglichen damit besonders schnelles Anwählen.

Die Cavaillé-Coll typische Anordnung der Manubrien links und rechts der Manuale ermöglichen schnelles und effizientes Umregistrieren der Handregister. Dabei sind die Grundstimmen (Fonds) links neben den Manualen untergebracht und diesen auch werkweise entsprechend zugeordnet. Auf der rechten Seite befinden sich die Aliquote und Zungen. Die Koppeln sind als beleuchtete Pistons über dem mittleren Manual in der Mitte angeordnet, was auch hier einen schnellen Zugriff ermöglicht. Natürlich kann man aber auch alles per Setzer und Sequenzschalter einregistrieren.

Mit dem optionalen „Professional“ Paket erhält man auch Fußpistons, einen besseren Klaviaturtyp (Fatar TP 60 LW mit Holzkern), Manubrien in Holzoptik und ein doppeltgeschweiftes 30-töniges Pedal. Bis auf dieses Pedal  war das Testinstrument, das mir freundlicherweise beim Orgelhaus Kisselbach in Baunatal zur Verfügung gestellt wurde, mit diesem Zusatzpaket ausgestattet. Und alleine wegen der besseren Tastatur, aber auch der Fußpistons und der schicken Holzmanubrien sei dringend angeraten, die Orgel mit diesem Paket zu ordern. Sicher wird man auch mit der Serienausstattung das Instrument genießen können, aber wenn man schon in dieser Preisklasse investiert, darf es dann aber auch das Optimum sein und die 2.000 Euro extra sind eine gute Investition.

Das Akustiksystem

In der Konsole der Symphonica 450 verbirgt sich ein ausgewachsenes 8.1 Akustiksystem mit 2 Surround-Kanälen und 2 Hochton-Kanälen. Geblieben ist der umwerfende Effekt des in einer eigenen Kammer angeordneten Subwoofers, der nunmehr auch richtig zur Geltung kommt, da die Symphonica nun endlich über zwei echte 32' Register verfügt, besser gesagt ein echtes mit der Bombarde 32' im Pedal und ein „halbes“, basierend auf dem akustischen 32' des Resultantbasses, der eigentlich ein 10 2/3' Register ist und den Kombinationston mit dem 16' Register erzeugt, der dann als 32' Stimme wahrnehmbar ist. Das funktioniert auch erstaunlich gut.

Da auch die weiteren Ausstattungsmerkmale des Akustiksystems passen, es werden hier 10 Full-Range-Verstärker zu je 80 Watt, 2 Hochton-Verstärker zu je 2 Watt und ein Tiefton-Verstärker mit 170 Watt eingesetzt, die insgesamt 23 Lautsprecher ansteuern, kann man der Symphonica ein wirklich exzellentes Wiedergabesystem bescheinigen, welches auch hohe Ansprüche daran mühelos zu erfüllen vermag. Kraft hat sie natürlich, aber viel wichtiger ist die wirklich vorzügliche Transparenz des Klangbildes. Inzwischen gibt es auch bei Johannus die Möglichkeit, die virtuelle Hörposition zu verändern. Bei Johannus heißt dieses Systeme „Adaptive Ambiance“, und es ermöglicht es dem Spieler, den Klang einmal von der Orgelbank aus, oder alternativ aus der Mitte oder vom Ende des virtuellen Kircheraumes zu erleben. Dazu kommt der „LIVEreverb“, ein Faltungshall mit 12 verschiedenen Hallräumen von z.T. bekannten Kirchen und Konzertsälen.

Es handelt sich hierbei um einen echten Multikanal-Faltungshall, geeignet auch für sehr lange Hallfahnen. Die Wiedergabe erfolgt wie schon gesagt über 8 + 1 Kanäle. Unter den zur Verfügung stehenden Raumsimulationen gibt es dabei so interessante Kirchen, wie die Oude Kerk in Amsterdam, die Basilika in Raalte, das Bonner Münster oder auch einige französische Kathedralen. Das Ergebnis überzeugt absolut, selten war ein Nachhall so realistisch bei einer Digitalorgel. Beim Umschalten zwischen den Intonationen wird auch jeweils eine passende Akustikumgebung ausgewählt, die man natürlich verändern kann. Die Voreinstellung bekannter, typischer Kirchenakustiken ist sehr anwenderfreundlich und einfach zu handhaben. Jeder der Räume lässt sich für jeden der vier Orgelstile verwenden und auch in der Nachhalllänge einstellen. Beim Umschalten zwischen den Stilen wechselt dann auch folgerichtig der eingestellte Raum.

Bereits bei der Vorgängerin vorhanden und auch im Audiobereich der neuen Symphonica wiederzufinden ist das DEA („Digital Equalized Audio“)-System zur Klanganpassung auf nunmehr digitaler Ebene. Alle Audiokanäle haben einen eigenen digitalen Equalizer und ermöglichen damit eine größtmögliche und differenzierte Anpassung des Klangbildes auf die Raumgegebenheiten am Aufstellungsort bzw. persönliche Vorlieben. Nicht zu vergessen sei an dieser Stelle auch die Erwähnung einer weiteren Novität für das Spiel mit Kopfhörern: Mit dem SSE System („Spatial Sound Experience“) gibt es im Kopfhörer einen speziellen Mix aus den Signalen, welcher dem Spieler das Eindruck gibt, das der Orgelprospekt vor einem steht und der Nachhall um einen herum erklingt, so dass man das Gefühl erhält, im Raum selbst zu sein. Insgesamt hat Johannus mit dem Audio- und Abstrahlsystem der Symphonica wirklich wieder einen neuen Maßstab für die Wiedergabe von Orgeln in der eigenen Konsole gesetzt, und heute gibt es daher von mir auch kein Meckern über Hosenbeinbeschallung! Wenn ein Akustiksystem so gekonnt und genial konzipiert ist, wie bei der Symphonica 450, dann kann man nur zufrieden sein.

Disposition und Klang

Die Symphonica 450 ist länderspezifisch in drei Dispositionsvarianten (Deutsch, Französisch bzw. Holländisch) erhältlich, wobei diese sich aber nicht grundlegend, sondern nur in einigen Details und einer jeweils etwas anders abgestimmten Intonation unterscheiden. Der Kunde kann beim Kauf zwischen den drei Varianten wählen. Die grundsätzliche Disposition der neuen Symphonica lässt fast keine Wünsche offen und orientiert sich weitgehend an den Standards für französischsymphonische Orgeldispositionen. Ein Zugeständnis an die deutsche Orgelmusik des 19. Jahrhunderts ist in der entsprechenden Ländervariante der Geigenprinzipal 8' des Schwellwerkes.

Warum allerdings dort auch das Krummhorn 8' disponiert ist, welches eigentlich in das Positiv gehört, und warum ferner die Vox humana 8' im Hauptwerk ist, obwohl diese eigentlich wiederum ins Schwellwerk gehören würde, das bleibt ein Geheimnis der Entwickler bei Johannus. Ach ja, bei diesem tollen Akustiksystem hätten eine Chamade oder Horizontaltrompete oder auch eine Englische Tuba der Disposition sehr gut angestanden. Aber das alles ist Meckern auf wirklich hohem Niveau und tut den insgesamt wirklich guten Samples und dem daraus resultierenden Klang keinen Abbruch.

Alle Register sind wirklich von guter bis herausragender Qualität. Basierend auf dem Johannus eigenem T9000-System ist hier die Klangerzeugung auf ein sehr hohes Niveau gebracht worden. Durch das vorgenannte Akustiksystem ist der Gesamtklang auch runder und etwas weicher, als man es sonst von Johannus kennt. Das tut besonders den lauteren Registrierungen sehr gut. Der Grundstimmenklang bekommt auch mehr Fülle und Wärme. Die Einzelregister sind wirklich charakteristisch und es macht Spaß, sie zu spielen. Besonders hervorgehoben seien hier die Flûte Harmonique 8' und die Hohlflöte 8' des Hauptwerkes. Aber auch der vorgenannte Geigenprinzipal 8' des Schwellwerkes mit seinem Strich überzeugt.

Sehr gefallen haben mir ferner die unterschiedlichen Zungenstimmen, insbesondere die Vox Humana 8' im Hauptwerk und das Regal 8' im Positiv. Das Kornett IV des Hauptwerkes könnte für meinen Geschmack noch immer mehr abgerundet sein. Das französische Kornett des Hauptwerkes ist nämlich in der Regel 5-fach und hochgebänkt, also über den anderen Pfeifen stehend und mit sehr weiter Mensur ausgeführt, was einen herrlich tragenden Klang ergibt. Diesen Klang muss man sich hier aber erst durch zusätzliche Register „basteln“. Die Symphonica lässt sich zwischen vier verschiedenen Stilrichtungen umschalten: Romantisch, Symphonisch, Barock und Historisch. Und die Klangveränderungen in den Samples sind dabei auch deutlich nachvollziehbar (wobei ich beim Kornett dennoch bei meiner Meinung bleibe). Diese unterschiedlichen Sample-Stile sind dabei weit mehr als nur mit Filtern und Equalizern erzielte Klangveränderungen. Hier merkt man deutlich die unterschiedlichen stilistischen Charakteristika der Register, was auf wirklich unterschiedliche Samples schließen lässt.

Nochmal zurück zu den Registern: die Prinzipale finde ich durchweg sehr gelungen. Die Vox coelestis (Streicherschwebung) ist ebenfalls in allen Intonationen sehr schön ausgeprägt. Sehr gefallen hat mir zudem das Quintatön 8' im Hauptwerk. Gut geeignet ist es insbesondere für Alte Musik, denn das vergessen wir bei aller Symphonik immer: Die sogenannte „Symphonica“ kann auch Alte Musik sehr gut darstellen, insbesondere mit dem historischen Sample-Stil. Die kurzbechrigen Zungen (Vox Humana, Regal, Oboe, Fagott) überzeugen mich nach wie vor mehr, als die Trompeten und die Posaune, und das durch alle Intonationen hindurch. Der Klang könnte für meinen Geschmack im Grand Choeur noch etwas zungenlastiger und satter sein.

Auch fehlt mir doch sehr eine kräftige Hochdruckzunge oder Chamade zur Steigerung. Diese könnte extra angeordnet sein und sich mittels Koppeln auf jedes der Manuale oder ins Pedal legen lassen. Aber auch hier gilt wieder: man ist halt nie zufrieden… Der Gesamtklang der Symphonica 450 ist auf jeden Fall nochmals viel besser geworden als bei der Vorgängerin, und da war er schon sehr gut! Jetzt nur noch optional erhältlich – weil nicht jeder Kunde sie braucht bzw. wünscht - sind für die neue Symphonica die 7 Supersoli, also die Johannus-typischen Instrumental- und Orchesterstimmen (Cembalo, Klavier, Gospel Organ, Streicher). Und wenn ich mir persönlich noch etwas wünschen dürfte, so hätte gern auch noch Sub- und Superoktavkoppeln und den so wichtigen „Unison Off“ dazu.

Fazit

Fassen wir den Testeindruck zusammen: Mit der Symphonica 450 erhält der Orgelfreund ein sicher nicht eben preiswertes (die UVP liegt bei 19.995,- Euro), aber dafür exzellentes und schickes symphonisches Instrument fürs Wohnzimmer mit einem herausragenden Akustiksystem. Die Konsole vermittelt Eleganz und Leichtigkeit, was für ein Instrument mit 55 Registern nicht eben selbstverständlich ist. Dazu kommen diverse Besonderheiten, wie ein spezieller Kopfhörermix oder so sinnvolle Funktionen wie die freie Konfiguration der Schwelltritte, die entweder als Schweller oder als Crescendopedal zu belegen sind. Die Manuale I und II lassen sich ganz einfach per Knopfdruck tauschen, was für symphonische Musik wichtig ist, bei der man das Hauptwerk in erster Lage zu spielen gewohnt ist. Die gute Disposition dieser Orgel ermöglicht das Spiel jeglicher Orgelliteratur. Man sollte aber auf jeden Fall in das „Professional“ Paket investieren (1.995,- Euro), um so in den Genuss einer besseren Tastatur (Holzkern) und auch des doppelt geschweiftes Pedals sowie der Fuß-Pistons zu gelangen. Eine tolle Orgel, die schon optisch verspricht, was man klanglich von ihr erwarten darf!

Hans-Dieter Karras

OKEY! Magazine

Januar/ Februar 2015