Orgel Heute test Johannus Symphonica 35

Modernes und schickes Design, eine neue Klangabstrahlung und eine neue Produktausrichtung mit zwei neuen Serien und jeweils drei Modellen – Symphonica für das Wohnzimmer und Ecclesia für die Kirche – bietet Johannus pünktlich zum Weihnachtsgeschäft.

Damit löst Johannus die Sweelinck-Serie ab und bietet mit dien neuen Orgeln die noblere und „aufgebohrte“ Variante der Vivaldi für den etwas größeren Geldbeutel. Entgegen manchen Vermutungen bleibt die Rembrandt dennoch im Programm! Vorweggenommen, mir gefällt sowohl das Design als auch der Klang der neuen Symphonica, doch lesen sie selbst!

JOHANNUS SYMPHONICA 35
Mit einem Listenpreis von empfohlenen 17.950 Euro ist das neue Instrument sicher kein Schnäppchen, dennoch verbergen sich die Werte oft im Inneren und so wollen wir das Instrument gründlich unter die Finger und Ohren nehmen. Denn es stecken einige wichtige Neuerungen darin. So der Multikanal-Faltungshall mit der Simulation der akustischen Charakteristika aus 12 verschiedenen Kirchen und Sälen, ein eingebauter Subwoofer in einer eigenen Kammer, und ein 6.1 Kanal Abstrahlsystem mit 11 Verstärkern und 19 Lautsprechern für die Wiedergabe eines großen, eben symphonischen Klanges für die Orgel-  und auch die Orchesterstimmen.


Designer-Spieltisch
Die Symphonica bietet einen interessant geformten Spieltisch, eine Kombination aus Massivholz und Furnier, mit drei Manualen und dem Pedal. Jeweils seitlich neben den Manualen sind beleuchtete Registerzügen angeordnet und darüber Wippen für Koppeln und MIDI. Über dem dritten Manual in der Mitte unter dem Notenpult finden wir das markentypisch blaue Display, welches sich von dieser Position recht gut ablesen lässt. Drei Johannus-typische Holz-Schwelltritte und eine der Konsole entsprechend gestaltete, aber nicht höhenverstellbaren Sitzbank vermitteln eine hohe Wertigkeit und Eleganz und stimmen schon mal optisch auf ein gediegenes Klangerlebnis ein. An diesem  Design werden sich vielleicht auch manche Geister scheiden, ich selbst finde es jedenfalls überaus gelungen und einen Schritt in die richtige Richtung, besonders für ein Instrument zum häuslichen Gebrauch. Mir würde diese am Cavaillé-Coll-Spieltisch orientierte Konsole aber ebenso auch in einer modernen Kirche gefallen, wo der Spieltisch dann wohl noch eher mit der Kirchenarchitektur harmonisieren würde, als bei den traditionellen Konsolen. Man sitzt sehr angenehm und kann das Instrument sehr gut bedienen, die Register liegen günstig, deren Anordnung entspricht der französischen Tradition, links die Fonds (Grundstimmen), rechts die Jeux de Combinaison (Aliquote) und die Zungen ganz außen. Die Klaviaturen sind leider nur aus Kunststoff, also ohne Holzkern, das ist bei einem Instrument dieser Preisklasse etwas schade. Dennoch spielt sich die Tastatur nicht unangenehm und hat einen recht gut eingestellten Druckpunkt. Alle Manuale und das Pedal sind anschlagdynamisch, um die Orchesterstimmen und das Klavier wirkungsvoll spielen zu können. Auch sind, wie bei der Vivaldi, zwei Hochtöner in den Spieltisch eingelassen, welche den Klangeindruck für den Spieler gerade beim historischen Sampleset deutlich verbessern.


Dispositionen und Faltungshall
Man muss sich beim Kauf für eine Klangvariante entscheiden. Zur Verfügung stehen dabei Französisch, Deutsch und Holländisch. Im Instrument gibt es dann wiederum die schon bekannten vier Stile: Romantisch, Symphonisch, Barock und Historisch. Das Fehlen mancher Register (Chamade, Zunge 32’ oder Clairon 4’) dabei erklärt sich daraus, das die Symphonica 35 die „kleinste“ einer neuen Serie aus drei Modellen ist. Die Symphonica 45 und 55 mit größerer Disposition und vielleicht auch erweitertem Wiedergabesystem werden bald folgen.


Die Samplequalität der einzelnen Register erscheint gegenüber der Vivaldi nochmals gesteigert. Dieser Eindruck wird aber sicher auch von dem stark verbesserten Wiedergabesystem gestützt. Sehr gut gelungen ist die Wirkung der Simulation des Windmodelles, der sogenannte Blasebalg-Simulator™, der sich übrigens auch auf den Demovideos hören lässt, die Johannus zur Symphonica produziert und ins Internet gestellt hat. Am deutlichsten zu hören ist dieser Effekt am Schluss der Toccata der Händel-Variationen, übrigens von André van Vliet meisterhaft interpretiert. Hier „knickt“ der Klang der Akkorde immer ganz kurz ein, bevor er stabil steht und sich am Ende dann nochmals verändert, wenn die Hände von den Tasten genommen werden und der Klang dann im Hall noch durch die Kirche wandert - ganz toll gelöst und nicht ganz unerheblich für eine authentische Pfeifenorgelwirkung.. Hierbei zeigt sich eine weitere Novität der Symphonica, nämlich der neue Faltungshall. Endlich ein Hall, der nicht nervt, sondern der zur jeweiligen Orgelcharakteristik und dem dazugehörigen Raum passt und in der Länge dennoch einstellbar ist. Aus den 12 verschiedenen Kirchen und Konzersälen des LIVEreverb™ genannten Raumimpulssystems lässt sich der geeignete Hall auswählen. Es handelt sich dabei um einen echten Multikanal-Faltungshall, geeignet auch für sehr lange Hallfahnen. Die Abstrahlung erfolgt über ein 6.1 Kanal Abstrahlsystem. Unter den zur Verfügung stehenden Raumsimulationen gibt es dabei so interessante Kirchen, wie die Oude Kerk in Amsterdam. die Basilika in Raalte, das Bonner Münster oder eine Kathedrale in Frankreich, deren Namen ich mir leider nicht gemerkt habe.  Das Ergebnis überzeugt absolut, selten war ein Nachhall so realistisch bei einer Digitalorgel. Die dabei von Johannus realisierte Lösung mit der Voreinstellung bekannter, typischer Kirchenakustiken ist dabei sehr anwenderfreundlich und einfach zu handhaben. Jeder der Räume lässt sich für jeden der vier Orgelstile verwenden und auch in der Nachhalllänge einstellen. Beim Umschalten zwischen den Stilen wechselt dann auch folgerichtig der eingestellte Raum.


Die Stimmen
Die Disposition der Symphonica 35 umfasst 43 Stimmen mit eben vier Stilen: Romantisch, Symphonisch, Barock und Historisch. Die Disposition ist in sich schlüssig.Die Klangqualität der Orgelregister ist gut bis sehr gut, wobei mir persönlich die Labiale besser gefallen als die Linguale (Zungen). Die werksseitige Schärfe zum Diskant hin lässt sich per Intonation natürlich der eigenen Hörerwartung anpassen. Die Prinzipale finde ich durchweg sehr gelungen. Beim Kornett fand ich die romantische und die symphonische Variante sehr gelungen, die barocke und die historische Variante waren mir wiederum etwas zu scharf und hart. Die kurzbecherigen Zungen (Vox humana, Oboe, Fagott) überzeugen mich mehr, als die Trompeten und die Posaune, und das durch alle Stilistiken hindurch. Letzteres macht sich denn auch im Tutti bemerkbar, wo mir bei französischer symphonischer Musik (Widor Toccata 5. Symphonie, Vierne Finale 1. Symphonie) die Kraft von unten und der Mitte her etwas fehlte. Und an der Wiedergabeleistung kann es nun wirklich nicht liegen, Johannus hat hier nämlich ohne Frage das beste Soundsystem für eine Hausorgel in seiner Geschichte entwickelt und gebaut. Meine kritischen Ohren sollen dabei keine Schmälerung des ohne Frage herausragenden Instrumentes sein. Aber in dieser Preisklasse müssen die Maßstäbe eben auch etwas höher angesetzt werden. Für die Zielgruppe der häuslichen Organisten geht sicherlich die Qualität der Orgelregister auch mehr als in Ordnung, ebenso wie die dispositionelle Auslegung. Wie schon bei der Vivaldi ist das historische Set ein Höhepunkt und die perfekt simulierten Geräusche der Abstrakten beim Spiel erhöhen das Feeling einer alten mechanischen Schleifladenorgel noch erheblich. Ich finde wirklich die Orgelsamples der Symphonica in Ordnung, muss nur der Ehrlichkeit halber sagen, dass es natürlich keine Monarke ist, die dann aber eben auch wiederum deutlich kostspieliger ist.


Weiterhin ist für die Interpretation von symphonischer und barocker Musik in adäquater Manualverteilung eine Registerwippe für die Manualumschaltung vorhanden. Damit kann das Hauptwerk in erster Lage oder in der Mitte gespielt werden., und zwar schnell und einfach erreichbar und dadurch auch schnell mal miitten im Programm nutzbar, ohne erst durch irgendwelche Menüs gehen zu müssen.

Nicht neu, aber nochmals in der Klangqualität verbessert wurden die Orchesterstimmen, bei Johannus auch „Super Soli“ und „Orchestrals“ genannt. Die in Holland seit Jahrzehnten ungebrochene Liebe zur Panflöte und auch zum Duo Panflöte und Orgel wird mit exzellenter Qualität eben dieser Panflöte bei der Symphonica bedient. Mein Favorit war allerdings die sehr schöne Oboe. Auch die Querflöte ist gerade für romantische Cantilenen oder für Barockspieler sehr stilvoll einzusetzen, man höre sich hierzu einfach mal die Demo in der Orgel an. Leider hat man aber den Supersoli eine normale Orchester-Trompete anstatt einer Pccolotrompete spendiert und die ist zumindest bei Barockmusik für Trompete und Orgel nicht gerade so überzeugend. Am besten wäre es hier sicher gewesen, auf die eingentlich entbehrliche Tuba zu verzichten und dafür beide Trompetenvarianten anzubieten, dann hätte man eine Orchestertrompete für Romantik und Filmmusik und eine Piccolotrompete für die Barockmusik. Die Klarinette wiederum passt gut in das Konzept der Orchesterstimmen und klingt auch sehr gut. Das Glockenspiel ergänzt die klanglichen Möglichkeiten durch seinen hellen Glanz.


Bei den sogenannten Orchestrals findet sich ein Cembalo 8’-Register mit dem so wichtigen Loslassgeräusch, ein 4’-Register und ein Lautenzug ist leider nicht dabei. Höhepunkt dieser Sektion und ganz neu gesampelt ist das Piano, besser gesagt ein Flügel mit beeindruckender Resonanz. Sicher kann er nicht mit den darauf spezialisierten Digitalpianos mithalten, welche heute ja schon eigene Multisamples für Resonanzen und Pedalgebrauch bieten, aber für ein Piano in einer Orgel ist es wirklich super gelungen. Das Sustainpedal wird dabei über die Taste „Fis“ des Orgelpedales simuliert, wobei sich der Fuß auf dem „F“ abstützen kann. Der Gebrauch des Orgelpedales ist damit natürlich auf C-e leicht eingeschränkt. Vielleicht hätte man einen der Schweller besser dafür einsetzen können und damit das Orgelpedal komplett zum Spiel erhalten können. Das hätte nämlich dann den ungeheuren Reiz bedeutet, einmal die originale Literatur (Schumann, Liszt etc.) für Pedalflügel zu entdecken.

Die Streicher klingen sehr gut und ermöglichen damit für viele Arrangements einen Basisklang und mischen sich auch sehr gut mit den Orgelregistern. Aufgefallen ist mir, wie bei vielen anderen Herstellern auch, dass man aber die werksseitige Balance der Orchesterstimmen zueinander und zu den Orgelregistern verändern muss. Die Einzelinstrumente sind meist zu laut und die Ensembles zu leise, so dass die Mischung nicht immer passt. Auch wenn der klangliche Eindruck in erster Linie für den Spieler sein soll. Aber es muss schon gewahrt bleiben, dass das Streichorchester eine größere Dynamik zum Forte hin erzielen kann, als etwa eine einzelne Querflöte. Neben der Panflöte und dem Piano ist ein weiterer Höhepunkt die Gospelorgel, ein sehr gelungenes Hammondsurrogat mit Leslie-Umschaltung langsam/schnell, allerdings beschränkt auf nur einen Klang, eine Fußlagenregistrierung ist nicht vorgesehen. Dennoch macht es sehr viel Spaß damit zu spielen. Fehlt eigentlich nur noch eine schöne Solo-Violine – wann bekommen wir diese? Alle Orchesterstimmen lassen sich übrigens auf jedes Manual legen und sind zudem auch koppelbar.

In Klang und Wiedergabe ist zur Vivaldi-Serie doch sehr viel Unterschied zu bemerken. Durch das neue Wiedergabesystem klingt alles deutlich besser, auch das Tutti. Allerdings ist der symphonische Klang der Werksauslieferung des mir zum Test zur Verfügung gestandenen Instrumentes deutlich Holländisch. und der barocke Klang eher das, was man bei Johannus dafür hält. Gerade beim Barocken Klang würde ich weniger diskantbetonte Schärfe, sondern mehr Wärme der Prinzipale und Kraft der Zungen in einem satten und runden Plenum erwarten. Hier empfiehlt sich denn, die umfangreichen Möglichkeiten der Intonation per Computer durch den Händler durchführen zu lassen oder bei eigenem Vermögen selbst am Klang zu basteln. Denn das Potential dieser Orgel ist riesengroß und ermöglicht weitgehende derartige Anpassungen an die eigenen Wünsche bzw. die Bedürfnisse der Raumakustik.


Das neue Wiedergabesystem
Als eine Herausforderung stellte sich den Entwicklern der Symphonica besonders die Verbesserung der von uns nun schon so oft kritisierten „Hosenbein“-Wiedergabe und die Optimierung des Klangeindruckes für den Spieler und nahe dabei befindlich Zuhörer dar. Nachdem jetzt auch noch ein so aufwändiges Faltungshallsystem dazu kommt, musste natürlich auch der Surround-Klang verbessert werden. Und man muss neidlos zugestehen, diese Herausforderung haben die Johannus-Ingenieure wirklich rundum gemeistert. Der neue Subwoofer, in einem eigenem Gehäuse in der Konsole untergebracht, trägt dazu ebenso bei, wie die zwei Hochtonlautsprecher und die nunmehr vier Surround-Lautsprecher.


Insgesamt verfügt die Orgel über 10 Standard-Verstärker und einen stärkeren für den neuen integrierten Subwoofer, das macht also 11 Verstärker. Dazu kommen an Lautsprechern den neuen Subwoofer, weiterhin 2 x 6 Koax-Standardsysteme, 4 Surroundstrahler und die zwei hochwertigen Tweeter im Spieltisch - macht zusammen 19 Lautsprecher. Über das wirklich gelungene Faltungshall-System habe ich ja schon berichtet, aber so ziemlich unbemerkt geblieben in diesem Test ist noch eine weitere Neuheit im Audiobereich der Symphinica, nämlich das – lang ersehnte - DEA "Digital Equalized Audio System" zur Klanganpassung auf nunmehr digitaler Ebene. Insgesamt hat Johannus mit dem Audio- und Abstrahlsystem der Symphonica wirklich einen neuen Maßstab für die Wiedergabe von Orgeln in der eigenen Konsole gesetzt.


Fazit
Kurz nach der Vivaldi ist nun mit der neuen Symphonica 35 das erste Instrument einer noch höherwertigeren Modellreihe bei Johannus entwickelt worden, die künftig die Lücke zur Monarke-Klasse schließen soll. Die bemerkenswerten Neuerungen der Symphonica sind das wirklich effektive Akustiksystem und der wirkungsvolle Multikanal-Faltungshall mit attraktiven Kirchenraum-  und Konzertsaalsimulationen nach realen Vorbildern. Die Symphonica 35 ist eine attraktive Hausorgel mit einer nochmals wesentlich besseren Klangqualität als bei der Vivaldi, zahlreichen Instrumentalstimmen und nicht zuletzt auch mit einem neuen, modernen und wie ich finde äußerst attraktivem Design. Aber man muss auch bemerken, dass sie mit rund 18.000 Euro natürlich auch preislich in einer anderen Liga spielt, in der es klanglich durchaus ernsthafte Konkurrenten gibt, besonders unter den Spielschrankorgeln. Wie viel teurer die größeren Symphonica Modelle sein werden, wird das entscheidende Kriterium sein, denn für wirkliche „Freaks“ muss die Disposition der Orgelregister doch noch etwas umfangreicher sein als bei der Symphonica 35. Und das hervorragende Akustiksystem wird dies zudem locker mitmachen und diese Instrumente dann mit Sicherheit zu ernstzunehmende Konkurrenten für die Mitbewerber machen. Das ist beim akustischen 32-Fuß (Hohlquinte 10 2/3’) dieser Orgel jetzt schon zu erleben, wier wird das erst mit einem realen labialen 32’ oder einer Bombarde 32’? Dann werden Faltungshall und Akustiksystem, die hier durch die Disposition noch etwas „ausgebremst“ werden, sicher zur Höchstform auflaufen. Für das konzertante Spiel symphonischer Orgelmusik aus Frankreich und England bedarf es mindestens einer Stufe höher in der Disposition, für den Normalgebrauch des durchschnittlichen „Hausvirtuosen“ ist die Symphonica 35 aber sicher momentan durchaus die erste Wahl. Die Orchesterstimmen sind für eine Hausorgel völlig in Ordnung. Der Markt wird sich da eh in zwei Teile spalten, einerseits die Anhänger der reinen Orgel und dieselbe so authentisch wie nur irgend möglich, andererseits eben die Liebhaber, die auch gerne in unterschiedlichen Klängen und dem Zusammenspiel von Orgel und Soloinstrumenten „baden“ möchten. Wir sind deshalb sehr gespannt auf die nächsten Instrumente und besonders auf die für den kirchlichen Gebrauch entwickelte neue Johannus Ecclesia, vielleicht ein Instrument dann für die Puristen des reinen Orgelklanges? Wir werden diese im Januar in der Klosterkirche Riddagshausen ebenfalls ausgiebig testen und in einer der nächsten ORGEL Heute Ausgaben berichten