Studio 350 im Expertentest von Hans-Dieter Karras

Die komplett überarbeitete dreimanualige Einsteigerorgel Johannus Studio 350 im Expertentest vond Hans-Dieter Karras.

Produktpflege ist ein wichtiger Bestandteil jeder erfolgreichen Firma. Besonders für beliebte Modelle kann man den Kundenkreis erweitern, weil sich die Qualität des Produktes herumgesprochen hat. Die m.E. überaus erfolgreiche Einsteigerserie STUDIO von Johannus hat nun ein solches Update erfahren. Und man ist dabei durchaus anspruchsvoll und auch kreativ vorgegangen und hat nun im untersten Preissegment endlich auch eine wirklich gute dreimanualige Orgel. Ich konnte sie bei Kisselbach testen und bin sehr angetan, weil es über reine Kosmetik hinausgegangen ist.

Es ist vielleicht einmal an der Zeit, die vielen Modelle bei Johannus zu 'sortieren'. Manchmal bin ich selbst durcheinandergekommen. Am unteren Ende des Produkt-sortiments stehen eben die STUDIO-Orgeln als preiswerte Einsteigermodelle, gefolgt (in aufsteigender Sortierung) von den Reihen OPUS, CLASSIC, VIVALDI und REMBRANDT, alle vor allem für den häuslichen Bereich bzw. als Studieninstrumente gedacht. Besonders als Kircheninstrumente vorgesehen sind die ECCLESIA Reihe und die edlen MONARKE-Orgeln die 'custom build' individuell nach Kundenwünschen/ - Anforderungen gefertigt werden. Und nicht zu vergessen ist, dass Johannus sich in den letzten Jahren auch einen Namen im Bereich der Hybridorgeln, also Kombinationen von Pfeifenorgeln mit digitalen Klängen gemacht hat. 

Zu diesem 'Grundgerüst' der Johannus Modellreihen haben sich aber inzwischen noch andere Modelle gereiht, so die POSITIV Serie für Liebhaber von Spielschrank-Konsolen, das hervorragende Sakralkeyboard ONE und schließlich die konzeptionell an Hauptwerk erinnernde, aber auf eigenem System basierende neue LiVE Serie mit inzwischen drei Modellen (LiVE III, LiVE 2T und LiVE 3T).Letztere werde ich in der nächsten OKEY besprechen, auch da dürfen wir sehr gespannt sein. Nun zurück zur STUDIO 350, welche mit einem Preis von 7.495,00 EUR (UVP) ein unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis bietet. 

Die Register

Es sind insgesamt 37 wohlklingende Register die die STUDIO 350 bietet, wobei diese durch die vier Stile (Romantisch, Symphonisch, Barock und Historisch) praktisch sogar vierfach vorhanden sind. Aus dieser Summe resultiert dann auch eine breit gefächerte Klangvielfalt. Anders als bei Digitalorgeln anderer Anbieter sind diese 37 Register aber an ihren Stil gebunden und können nicht durch Schattenregister aus einem Registerpool ausgetauscht werden. Das finde ich auch gar nicht nötig, denn Johannus hat hier gegenüber der Vorgängerserie noch einmal mächtig an der Intonation derselben gearbeitet. Zumal man mit jedem Stil nicht nur die Register lädt, sondern auch eine entsprechende Akustik aus den vielen Möglichkeiten der dem Instrument beigefügten 12 Faltungshall Räumen.

Diese Voreinstellung der Kombination von Stil und Raum ist natürlich änderbar, aber in der Grundeinstellung doch so überzeugend, dass man dieses nicht unbedingt machen muss. Immerhin hat man aber die Möglichkeit von der kleinen Kammer bis zur großen Kathedrale und dem Konzertsaal eine individuelle Halllösung zu haben. Das technische System der Klangerzeugung, genannt Oranje Core™ ist uns nun schon länger bekannt und bietet große Authenzität, die nur durch die LiVE Technologie übertroffen wird. Man hat an der STUDIO nicht den Eindruck, dass hier ein abgespeckter Sound oder eine Minimalvariante der eigenen Orgeln kreiert wurde. Auch die Audio Anlage ist obwohl nur 2.1 und ohne Ambience Lautsprecher ausreichend und erstaunlich transparent. 

Die Dispositionen sowohl der zweimanualigen STUDIO 150, als auch eben der dreimanualigen STUDIO 350 sind wohldurchdacht und lassen das Spiel jeglicher Orgelmusik aus den verschiedenen Epochen mit meist den dazu benötigten Registermischungen zu. Ausgenommen avantgardistische Musik, oder Musik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren abenteuerlichen Aliquoten wie Septime, None oder deren Mixturen und manch symphonischen Werk der englischen Literatur und keine Spanische Musik, denn es fehlt der Disposition eine Chamade, Horizontaltrompete oder Tuba. Das kann man aber bei dem Preis für eine sonst hochwertige Einsteigerorgel aber auch nicht erwarten. Vielleicht fehlt mir das Clairon 4‘ im Pedal, aber auch das ist angesichts der Art des Instrumentes Jammern auf hohem Niveau. 

Zurück zum Klang, von dem ich wirklich sehr angetan bin. Ich habe viele STUDIOS der Vorgängerserie hier in meiner Umgebung und spiele daran. Da hat mich oft eine gewisse Schärfe im Klang und Unnatürlichkeit mancher Stimmen gestört. Zum Beispiel eine 4‘ Flöte im Schwellwerk, die nach einer Mischung aus 4‘ und 2 2/3‘ klingt, oder der z.T. unangenehm rauhe Klang mancher Streicher und die lautstärkenmäßig unangepassten lyrischen Zungen zur übrigen Disposition. Welches man sicher ändern kann, aber serienmäßig eben so rüberkommt. Das konnte ich alles beseitigt finden. Die Register sind in jedem der Stile passend zueinander, sowohl im Lautstärkenverhältnis, als auch im klanglichen Miteinander. Die Prinzipale 8‘ sind in jeder Stilintonation sehr unterschiedlich, wie es auch für Flöten, Streicher und Zungen zu erleben war. Die verschiedenen Plenum Möglichkeiten klingen sehr gut und ermöglichen differenziertes Spiel von Bach Präludien und Toccaten im Barock und Historischen Stil. Dazu kommt bei der STUDIO 350 noch in jedem Werk ein Kornett zu haben, für Barockmusik ein Muss. Hier im Positiv ein zerlegtes, im Hauptwerk ein 4-faches und im Schwellwerk ein reduziertes, dem dort die Terz fehlt. 

Durch die vorhandenen Aliquotregister des Positivs und die Zungen sind alle relevanten Soloregistrierungen der Barockmusik darstellbar. Für spätromantische und Symphonische Musik ist das Verhalten des Schwellwerkes enorm wichtig. Und auch hier bin ich gegenüber den Vorgängerinstrumenten beeindruckt, dass trotz der kleinen Audioanlage die Physiologische Tonregelung des Schwellwerkes einen hörbaren Effekt macht. Wobei schade ist, dass das Schwellwerk nicht noch einen labialen 16‘ (Bourdon o.ä.) hat, dann wäre der nahtlose Übergang eines Crescendos über die anderen Werke im Sinne der symphonischen Orgelmusik noch überzeugender. Doch grundsätzlich haben die Stile Romantisch und Symphonischeine so deutlich andere Intonation der Stimmen oder eben andere Samples, dass man wunderbare Steigerungen und Abschwächungen der Dynamik erzielen kann, ein sattes TUTTI hat und darüber hinaus auch wunderbar weiche Grundstimmen. Beim symphonischen Stil lassen sich mit den Tremulanten auch einige Theaterorgelklänge erzielen.

Ich könnte jetzt gar nicht einzelne Stimmen herausheben, denn in allen Stilen sind dieses Mal auch alle Stimmen gut bis sehr gut und passen zusammen. Niederlande typisch ist noch die unvermeidliche Panflöte als Instrumentalstimme an Bord, ebenso eine Trompete die in Deutschland sicher mehr gefallen findet, zumal sich mit ihr im Barockstil schöne Trumpet tunes spielen lassen, bei denen der Zuhörer nicht unbedingt mitbekommt, dass es sich um ein Sample und keinen echten Trompeter handelt.

Äußeres un Ausstattung

Ich persönlich mag den architektonsichen Stil dieser Orgeln mit der schlichten Erscheinung, welche gerade dem dreimanualigen Spieltisch die Wucht nimmt. Ich möchte meinen, ein solcher Spieltisch passt in jede Wohnung. Dafür gibt es auch vier Farben des Furniers: Light Riverside (hell) oder Nautilus Teak (dunkel) zur Auswahl und Black North Wood (schwarz) sowie Wenge als Option. Der Luftigkeit des Spieltisches entspricht auch das Plexiglas Notenpult. Eine höhenverstellbare Bank ist Option, genauso wie doppelt geschweifte Pedale oder inversen Pedaltasten. Die normale Bank tut es sicher, sollte aber zu Hause der eigenen Körpergröße angepasst werden. Deshalb empfehle ich immer eine höhenverstellbare Bank, zumal wenn noch andere Spiele das Instrument benutzen. Als Berufsorganist kann ich nur warnen, dass eine unkontrollierte Sitzposition langfristig körperliche Schäden, besonders bei den Bandscheiben hervorruft.

Zurück zu den weiteren Ausstattungen der STUDIO 350. Das Audiosystem ist ein DEA™2.1 System ebenso das Nachhallsystem ASR-12 mit seinen zwölf Programmen. Zwei Full range Verstärker mit je 80 W und ein Subwoofer mit 170 W und 5 Lautsprechern (2+2+1) sorgen für ausreichend Leistung, fürs Wohnzimmer allemal und auch für eine Kapelle reicht die Leistung durchaus. Bei diesem Preis gibt es natürlich leider keine Ambience Lautsprecher, obwohl in dem Faltungshallsystem noch wesentlich mehr Potential steckt, welches an den größeren Orgeln ausgenutzt wird.

Hinzu kommen noch 11 historische Temperierungen. Die Registratur umfasst neben den Registerwippen und Wippen für Koppeln und Tremulanten für jedes Werk. Der Setzer umfasst 75 Bänke mit je 8 Speicherplätzen, also völlig ausreichend auch für größere Werke. Dazu kommen Festregister wie pp-p-mf-f-ff-t-pl, welche sogar programmierbar sind. Natürlich hat die STUDIO auch eine Feineinstellung der Tonhöhe (Tuning) und einen Transposer. Dazu kommen die üblichen Pistons für o (recall/cancel), CH (Chorus), MB (Manual Bass), Menü (Johannus Menü), RO (Zungen ab), Trans. (Transposer) und die Regler Orgel-Volumen und Nachhall-Volumen.

Vieles ist im Johannus Menü einstellbar, so auch die Stärke der Effekte des Blasebalg-Simulators, der Virtual Pipe Positioning (VPP™) und des PIPElife Tuning™. Die Serientastatur ist die übliche Fatar Basistastatur und damit nichts Besonderes, aber ausreichend auch für Orgelstudenten. Das meiste vorgenannte gilt auch für die kleinere zweimanualige Schwester.

Fazit

Ich bin immer wieder erstaunt, was man heute bei den Digitalorgeln geboten bekommt. Das war vor zehn, fünfzehn Jahren noch nicht selbstverständlich und davor gab es sowieso kaum Eingriffsmöglichkeiten für den Spieler und schon gar nicht eine solch große Klangvielfalt. Johannus hat hier ein tolles Instrument zu einem sagenhaften Preis-Leistungsverhältnis auf den Markt gebracht und seine Einsteigermodelle damit erheblich aufgewertet.